Ranz

Ranz ist eine gar nicht so seltene Buchstabenkombination. Wo ist sie anzutreffen? Im alltäglichen Sprachgebrauch in unzähligen Kombinationen. Ein seltener Vertreter aus der Wortfamilie »ranz« hat es jüngst zu einiger Berühmtheit geschafft: das Adjektiv »ranzig« ...

Warum ist dieses Eigenschaftswort so besonders? Weil es - oder vielmehr jene Eigenschaft, für die das Wort steht - ausschließlich im Verbindung mit »Fett, Öl oder fetthaltigen Nahrungsmitteln« (Duden) auftritt. Gerne auch zum Beispiel im Verbindung mit Butter. Und bedeutet, so der Duden, »schlecht riechend, schmeckend«. Das, so haben wir aus berufenem Mund, gelernt, ist falsch. Es gibt es nämlich darüber hinaus auch noch den (Zitat) »ranzigen Daumen« … Zur Erinnerung: es geht um den SMS-Verkehr zwischen zwei Politikern, einstigen Ministern, Koalitionären gar. Der eine ist ein in die Bredouille geratener Ex-Vizekanzler, der andere ein Ex-Finanzminister. Besagter SMS-Verkehr landet nun vor einem Untersuchungsausschuss, Stichwort »Ibiza«, in dessen Verlauf der Empfänger erklären soll, warum er eine bestimmte Botschaft des Absenders mit dem allseits bekannten Symbol »Daumen hoch» beantwortet habe. Er handle sich dabei, so die Erklärung (oder Rechtfertigung) der Ex-Finanzministers, um einen »ranzigen« Daumen ... und gemeint sei damit ein »lass‘ mich in Ruh‘«. Wir wissen natürlich nicht, was in den Köpfen der Mitglieder des Untersuchungsausschusses vorgeht. Wir vermuten, dass sie sich einer gewissen Etikette verpflichtet fühlen und wir vermuten weiter, dass sich einige wahrscheinlich gedacht haben: Will er uns jetzt komplett verarschen? Anderseits verdient der »ranzige Daumen« Respekt. Natürlich ist so eine Antwort – wohlgemerkt nicht am Stammtisch, sondern im oben angeführten Rahmen – eine »Unbotmäßigkeit«, um einen anderen Ex-Politiker zu zitieren, eine Dreistigkeit. Weil natürlich die ganze Welt und das nicht erst seit »f...book« weiß, was das Symbol bedeutet und was keinesfalls. Aber! Aber es ist zu attestieren: der »ranzige Daumen« hat etwas Kreatives. Und man fragt sich, kann man so eine Formulierung aus dem Ärmel schütteln, aus dem Stegreif oder waren da im Vorfeld irgendwelche Kommunikationstrainer, -berater im Spiel? Oder ist das Wort am Ende Teil eines fiskalischen Jargons, den wir Normal-Sterbliche nicht verstehen. Im Sinne von: »...ich geh‘ jetzt zu dem ranzigen Untersuchungsausschuss« oder »ich bin heut‘ in dieser ranzigen Zibzwei« etc. etc. Vielleicht ist mit »ranzig« auch gar nicht »schlecht riechend« gemeint, sondern das aus der Jägersprache bekannte »Ranzen«, also die »Paarung des Haarraubwildes« (Duden). So wie man also feststellt, die Katze ist ranzig. Und was als Bild ja wiederum gut zur Ibiza-Geschichte passt. //(clash)